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Reform der großen Tarifreform

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst umfassend reformiert. Die Lohnsteigerungen variieren je nach Beruf und Arbeitserfahrung stark. Besonders Berufseinsteiger profitieren vom Abschluss, während Berufserfahrene deutlich kleinere Lohnsteigerungen erhalten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Durchschnitt erhalten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes durch den Tarifabschluss eine dreistufige Lohnerhöhung von insgesamt 7,5 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten. Im Einzelfall kann die Lohnerhöhung aber deutlich höher oder auch niedriger ausfallen.
  • Berufseinsteiger profitieren besonders: Sie erhalten unabhängig von der Entgeltgruppe 10,5 Prozent mehr Geld.
  • Um mit der Privatwirtschaft konkurrieren zu können, wurden auch die Bezüge von ausgebildeten Fachkräften deutlich erhöht.
Zur detaillierten Fassung

Nach drei langen Verhandlungsrunden und mehreren bundesweiten Warnstreiks haben sich die Tarifpartner am 18. April auf einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) verständigt. Sowohl die Vertreter von Bund und Kommunen als auch die Gewerkschaftsvereinigung ver.di zeigten sich im Anschluss mit dem erzielten Ergebnis zufrieden. Bundesinnenminister Horst Seehofer sprach von zielgerichteten Entgeltsteigerungen, ver.di-Chef Frank Bsirske attestierte das beste Ergebnis seit vielen Jahren.

Die Verhandlungen. Die Gewerkschaftsseite wollte ursprünglich vor allem für die unteren Einkommensgruppen hohe Tarifsteigerungen durchsetzen. Die Vertreter von Bund und Kommunen fokussierten sich dagegen auf die Anhebung der oberen Löhne, um den öffentlichen Dienst für Fach- und Führungskräfte attraktiver zu gestalten und besser mit der Privatwirtschaft konkurrieren zu können. Diese gegensätzlichen Interessen konnten durch eine differenzierte Anpassung der Entgelttabelle des TVöD vereint werden.

Unterschiedliche Lohnerhöhungen

Der Abschluss. Im Durchschnitt erhalten die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes eine dreistufige Lohnerhöhung von insgesamt 7,5 Prozent bei einer Laufzeit von 30 Monaten. Im Einzelfall kann die Lohnerhöhung je nach Beruf und Arbeitserfahrung aber stark variieren. Die Spanne reicht von 6,7 bis 13,41 Prozent.

Die Details. Im öffentlichen Dienst werden Arbeitnehmer aufgrund ihrer Tätigkeit in unterschiedliche Entgeltgruppen einsortiert. Dabei spielt auch der notwendige Berufsabschluss eine wichtige Rolle. Als zweiter Faktor kommt die Arbeitserfahrung hinzu: In jeder Entgeltgruppe gibt es sechs Stufen. Wer bei vergleichbarer Tätigkeit erfahrener ist, erhält letztlich mehr Gehalt.

Der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst kommt vor allem Berufseinsteigern und ausgebildeten Fachkräften zugute.

Die neue Einigung sieht vor, dass besonders Einsteiger (Stufe 1) profitieren (Grafik):

Berufsanfänger erhalten im Durchschnitt 10,5 Prozent mehr Lohn, unabhängig davon, in welcher Entgeltgruppe sie sind.

Um so viel Prozent erhöhen sich die Entgelte für ausgewählte Entgeltgruppen im öffentlichen Dienst bis 2020 durch den Tarifabschluss Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Gleichzeitig werden die untersten Einkommen (Entgeltgruppe 1) mit 10,2 Prozent überproportional angehoben und die niedrigen Entgeltgruppen 1 bis 6 erhalten zusätzlich eine Einmalzahlung von 250 Euro. Die mittleren und oberen Entgeltgruppen mit Berufserfahrung erhalten dagegen nur Tarifsteigerungen von 6,8 Prozent.

Zwei Beispiele: Ein Bauingenieur oder Informatiker mit Bachelorabschluss erhält als Berufseinsteiger 10,6 Prozent mehr Lohn, Kollegen mit zehn Jahren Berufserfahrung bekommen nur 6,8 Prozent mehr Geld. Die Löhne von Bürokräften ohne Berufsausbildung erhöhen sich für Berufsanfänger um 10,29 Prozent, für die Beschäftigten mit Arbeitserfahrung um lediglich 7,1 Prozent.

Attraktiv für junge Arbeitnehmer

In Ausbildungsberufen und für hochqualifizierte Fachkräfte gilt Ähnliches: Ein Elektroniker bekommt als Einsteiger 10,42 Prozent mehr Geld in den kommenden 30 Monaten, mit Berufserfahrung sind es nur 6,8 bis 7,51 Prozent. Ein studierter Facharzt im Gesundheitsamt erhält auf sein Einstiegsgehalt einen Aufschlag von 10,95 Prozent, dagegen kann sein erfahrener Kollege lediglich ein Plus von 6,8 Prozent verbuchen. Dadurch sinkt vielfach die Lohnlücke zwischen jüngeren und älteren Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst.

Punktuell werden die Tarifentgelte aber auch in den oberen Entgeltgruppen überdurchschnittlich angehoben. So erhält ein Ingenieur mit Diplom oder Master und mindestens drei Jahren Berufserfahrung 11,34 Prozent mehr Lohn und als Berufseinsteiger 10,92 Prozent. Damit soll ganz gezielt auf Fachkräfteengpässe reagiert werden.

Die Auswirkungen. Mit dieser umfassenden „Reform der großen Tarifreform“ von 2005 – damals löste der TVöD den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) ab – konnten sowohl die Ziele der Gewerkschaften als auch die Wünsche der Arbeitgeber berücksichtigt werden. Besonders für junge Arbeitnehmer wird der öffentliche Dienst durch den neuen Tarifvertrag attraktiver.

Der Bund und die Kommunen müssen für die Fachkräftesicherung und die gesteigerte Wettbewerbsfähigkeit mit der Privatwirtschaft tief in die Tasche greifen: Knapp 10 Milliarden Euro Mehrkosten soll der neue Tarifvertrag verursachen. Auf der anderen Seite haben der Bund und die Kommunen durch die lange Laufzeit von 30 Monaten eine große Planungssicherheit und können schon jetzt die Tarifsteigerungen einkalkulieren.

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