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Tarifpolitik: Fragwürdige Forderung der GDL

35 statt 38 Stunden Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn – das forderte die Lokführergewerkschaft GDL zuletzt in den Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn. Für das Unternehmen würde das zu erheblichen Kapazitäts- und Logistikproblemen führen. Es drohen Einschränkungen beim Angebot – schlecht für die angestrebte Mobilitätswende.

Kernaussagen in Kürze:
  • Für Lokführer der Deutschen Bahn gilt eine tarifliche Jahresarbeitszeit von 1.984 Stunden, das entspricht im Schnitt 38 Stunden pro Woche. In der Praxis können die Lokführer jedoch wählen, wie sie ihre Arbeitszeit gestalten.
  • In den von der GDL organisierten Betrieben der Deutschen Bahn arbeitete Mitte 2023 fast jeder zweite Lokführer im Schnitt 39 Stunden pro Woche, nahm einen Lohnabschlag von 2,6 Prozent in Kauf und erhielt dafür zwölf zusätzliche Urlaubstage.
  • Es überrascht daher, dass die GDL zuletzt ausgerechnet kürzere Wochenarbeitszeiten forderte.
Zur detaillierten Fassung

Seit 2018 gilt für Lokführer der Deutschen Bahn eine tarifliche Jahresarbeitszeit von 1.984 Stunden, das entspricht im Schnitt 38 Stunden pro Woche. In der Praxis können die Lokführer jedoch wählen, wie sie ihre Arbeitszeit gestalten. Es gibt die Möglichkeit, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit um eine Stunde zu reduzieren oder aufzustocken, mehr Urlaubstage zu nehmen oder auch eine kürzere Wochenarbeitszeit mit mehr Urlaub zu kombinieren.

In den GDL-Betrieben der Deutschen Bahn entschieden sich zuletzt mehr als 40 Prozent der Lokführer für das Arbeitszeitmodell einer 39-Stunden-Woche mit einem Lohnabschlag von 2,6 Prozent und zwölf zusätzlichen Urlaubstagen. Es überrascht daher, dass die GDL im Tarifstreit mit der Bahn ausgerechnet kürzere Wochenarbeitszeiten forderte.

So ist es zum Beispiel möglich, im Schnitt nur 37 Wochenstunden zu arbeiten und dafür einen Lohnabschlag von 2,6 Prozent in Kauf zu nehmen. Davon machen die Lokführer in den insgesamt 18 von der GDL organisierten Betrieben der Deutschen Bahn allerdings kaum Gebrauch. Üblicher ist es, mit einem Zuschlag von 2,6 Prozent durchschnittlich 39 Stunden – also eine Stunde länger als tariflich vereinbart – zu arbeiten. Hierfür entschieden sich zuletzt 28 Prozent der Lokführer. Die beliebteste Option ist jedoch eine andere (Grafik):

In den von der GDL organisierten Betrieben der Deutschen Bahn arbeitete Mitte 2023 fast jeder zweite Lokführer im Schnitt 39 Stunden pro Woche, nahm einen Lohnabschlag von 2,6 Prozent in Kauf und erhielt dafür zwölf zusätzliche Urlaubstage.

So viel Prozent der Beschäftigten in den 18 von der GDL organisierten Betrieben der Deutschen Bahn arbeiteten im Juni 2023 nach diesem Arbeitszeitmodell Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Zahlen zeigen: Die Beschäftigten bevorzugen mehr Urlaub gegenüber einer verkürzten Wochenarbeitszeit. Es überrascht daher, dass die GDL zuletzt ausgerechnet kürzere Wochenarbeitszeiten forderte – zumal dies für den Betrieb und damit auch für die Mobilitätswende problematischer wäre als zusätzliche freie Tage:

Schon jetzt stellt die Bahn jedes Jahr mehr als 1.000 Lokführer ein. Trotzdem leisteten die Lokführer im Jahr 2022 insgesamt 1,37 Millionen Überstunden. Kürzere Arbeitszeiten würden demnach zu mehr Zugausfällen und einem geringeren Angebot führen – und vermutlich auch die Zahl der Überstunden weiter in die Höhe treiben.

Erschwerend kommt hinzu, dass die GDL zuletzt maximal fünf Schichten pro Woche forderte – aktuell sind bis zu sechs möglich. Da zwischen zwei Fünf-Schichten-Wochen eine 48-stündige Ruhepause vorgeschrieben ist, ließen sich dann je Lokführer weniger abrufbare Schichten einplanen. Das würde nicht nur die Planung für die Bahn erschweren, sondern auch das Kapazitätsproblem verschärfen. Die politisch angestrebte Mobilitätswende würde damit in weite Ferne rücken.

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