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Der Fachkräftemangel in Ost und West

In West- und Ostdeutschland ist die Fachkräftesituation ähnlich angespannt – meist sind davon zudem die gleichen Berufsbilder betroffen. Doch zwischen den beiden Regionen bestehen insbesondere mit Blick auf die Beschäftigten auch einige Unterschiede.

Kernaussagen in Kürze:
  • Zwischen 2010 und 2023 ist der Anteil der offenen Stellen, für die keine passend qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung standen, in Ost- und Westdeutschland stark gestiegen.
  • In den beiden Regionen fehlen Fachkräfte meist in denselben Berufsgattungen. In Sozial- und Gesundheitsberufen sowie im MINT-Bereich sind die Lücken am größten.
  • Gleichzeitig unterscheidet sich die Arbeitsmarktlage zwischen Ost und West in einigen Punkten – zum Beispiel beim Durchschnittsalter der Beschäftigten, der Zahl ausländischer Arbeitskräfte und der Arbeitszeit von Frauen.
Zur detaillierten Fassung

Die Arbeitsmärkte in Ost und West haben sich in den vergangenen Jahren teils sehr ähnlich entwickelt – das zeigt unter anderem der Fachkräftemangel in den beiden Regionen:

Zwischen 2010 und 2023 stieg der Anteil der offenen Stellen, für die keine passend qualifizierten Arbeitslosen zur Verfügung standen, in Westdeutschland von 12,9 auf 45,6 Prozent und in Ostdeutschland von 4,9 auf 38,9 Prozent.

In beiden Landesteilen fehlen Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung, Menschen mit Bachelor- oder Fortbildungsabschluss sowie Master- beziehungsweise Diplomabsolventen.

Außerdem fehlen qualifizierte Arbeitskräfte in Ost und West häufig in denselben Berufsgattungen.

Offene Stellen für Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung bleiben vor allem in Sozial- und Gesundheitsberufen sowie im MINT-Bereich unbesetzt, wie eine aktuelle Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) zeigt (Grafik):

Im Westen ist die Fachkräftelücke in der Gesundheits- und Krankenpflege am höchsten – annähernd 15.000 Stellen blieben im Jahr 2023 in diesem Bereich unbesetzt.

So viele Fachkräfte fehlten im Jahr 2023 in dem jeweiligen Bereich Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Osten besteht in dieser Berufsgattung mit gut 3.000 offenen Stellen die zweitgrößte Lücke. Auf dem ersten Platz liegt dort die Bauelektrik: In diesem Bereich fehlen etwa 3.400 Fachkräfte.

Darüber hinaus gehören in beiden Teilen Deutschlands die Kraftfahrzeugtechnik und die Altenpflege zu den Berufen mit dem größten Mangel an qualifizierten Arbeitskräften.

Ein Ost-West-Gefälle gibt es demnach nicht in Sachen Fachkräftemangel. Betrachtet man die Lage deutschlandweit, ist die Stellenbesetzung besonders im Süden sehr schwer, sodass man eher von einem Nord-Süd-Gefälle sprechen kann.

Der Arbeitsmarkt in Ost- und Westdeutschland hat sich insofern ähnlich entwickelt, dass in beiden Regionen dieselben Fachkräfte knapp sind. Mit Blick auf die Beschäftigten bestehen jedoch einige Unterschiede.

Dennoch unterscheidet sich die Arbeitsmarktlage zwischen Ost- und Westdeutschland in mehreren Punkten – zum Beispiel beim Alter der Beschäftigten (Grafik):

In Ostdeutschland sind die Beschäftigten bereits jetzt durchschnittlich 0,7 Jahre älter als in Westdeutschland.

Arbeitsmarktindikatoren für West- und Ostdeutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Außerdem gibt es in den ostdeutschen Bundesländern weniger Nachwuchskräfte: Der Anteil jüngerer Beschäftigter zwischen 20 und 29 Jahren fiel dort im Betrachtungszeitraum vom 1. Juli 2022 bis zum 30. Juni 2023 gut 2 Prozentpunkte niedriger aus als im Westen.

Zugleich liegt der Anteil älterer Beschäftigter zwischen 55 und 64 Jahren in Ostdeutschland bei 23,9 Prozent, in Westdeutschland dagegen nur bei 22,6 Prozent.

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, gilt es daher vor allem im Osten, ältere Beschäftigte – auch über das Renteneintrittsalter hinaus – in den Arbeitsmarkt einzubinden.

Mehr ausländische Fachkräfte im Westen

Unterschiede zeigen sich zudem bei ausländischen Fachkräften, die in Ostdeutschland seltener vertreten sind:

Der Anteil der EU-Ausländer und Drittstaaten-Angehörigen an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt im Osten bei rund 9 Prozent – im Westen sind es etwa 12 Prozent.

Betrachtet man Ostdeutschland ohne Berlin, fällt die Differenz zwischen den beiden Landesteilen sogar noch deutlich größer aus.

Immerhin: In den vergangenen Jahren gab es in allen Bundesländern einen Zuwachs an ausländischen Beschäftigten – in Berlin ist ihr Anteil allerdings bundesweit am höchsten.

Zwar nutzt Westdeutschland insgesamt das Potenzial von Fachkräften aus dem Ausland stärker, dafür ist dort das Arbeitsvolumen von Frauen gegenüber Ostdeutschland niedriger:

Im Durchschnitt arbeiten Frauen in Westdeutschland rund vier Stunden pro Woche weniger als weibliche Erwerbstätige im Osten.

Ein möglicher Grund dafür ist die unzureichende Betreuung in Kitas: In Westdeutschland stehen gemessen am Bedarf weniger Betreuungsplätze zur Verfügung, die Betreuungszeiten sind kürzer und die Betreuungsquoten niedriger.

Deshalb kümmern sich viele Frauen, deren Kinder keinen Kitaplatz erhalten, selbst um die Betreuung für ihren Nachwuchs. In dieser Zeit können sie entweder gar keiner Beschäftigung nachgehen oder nur in Teilzeit arbeiten.

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