Harris vs. Trump Lesezeit 4 Min.

Die Wahl in den USA und die Folgen für Europa

Anfang November entscheidet sich, wer die kommenden vier Jahre die Geschicke der Vereinigten Staaten lenken wird. Die Wahl dürfte sich auch auf die EU auswirken – im Falle einer zweiten Präsidentschaft Trumps muss Europa vorbereitet sein.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Wahl in den USA am 5. November 2024 wird darüber entscheiden, welchen politischen und wirtschaftlichen Weg die Weltmacht in den kommenden vier Jahren einschlägt.
  • Mit Kamala Harris sind die Voraussetzungen gut, das aktuelle europäische Verhältnis zu den USA weiterentwickeln zu können. Im Falle einer zweiten Präsidentschaft Donald Trumps müsste sich die EU anders aufstellen und eine gute taktische Verhandlungsposition vorbereiten.
  • Unter anderem sollte die EU Angebote für Verhandlungen mit den USA entwickeln und dazu bereit sein, selbst glaubhafte Vergeltungsmaßnahmen auf Zölle anzudrohen.
Zur detaillierten Fassung

Donald Trump oder Kamala Harris? Vor dieser Frage stehen bald die rund 244 Millionen Wahlberechtigten in den Vereinigten Staaten. Die Wahl in den USA am 5. November dieses Jahres wird darüber entscheiden, welchen politischen und wirtschaftlichen Weg die Weltmacht in den kommenden vier Jahren einschlägt.

Die aktuelle Vizepräsidentin Kamala Harris dürfte den bisherigen Kurs von Amtsinhaber Joe Biden in den meisten Bereichen fortsetzen. Unter Donald Trump dagegen würde die Politik mindestens so konfrontativ und unberechenbar sein wie in seiner ersten Amtszeit. Der Vergleich der gesamtwirtschaftlichen Erfolge der vergangenen Legislaturperioden zeichnet allerdings kein eindeutiges Bild – zumal die Coronapandemie als externer Einfluss einiges durcheinanderbrachte. Dennoch zeigen sich Unterschiede (Grafiken):

Das amerikanische Bruttoinlandsprodukt entwickelte sich – die Pandemiejahre 2020 und 2021 außen vor gelassen – unter Trump mit einem durchschnittlichen Plus von 2,7 Prozent pro Jahr leicht besser als unter Biden mit 2,2 Prozent. Dafür schuf die Biden-Administration jährlich gut 1,2 Millionen Jobs mehr.

Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts der USA im Vergleich zum Vorjahr in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zu- beziehungsweise Abnahme der Beschäftigung in den USA im Vergleich zum Vorjahr in Millionen Stellen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch über die Ländergrenzen hinaus wird die Wahl aufmerksam verfolgt, schließlich wirkt sich das Ergebnis ebenfalls auf die internationale Politik aus. Die größten außenpolitischen Unterschiede zwischen Trump und Harris im Einzelnen:

Handel. Im Gegensatz zu den Vorjahren unter Trump pflegte die Biden-Administration von beidseitigem Respekt geprägte diplomatische Beziehungen zu den europäischen Handelspartnern und wendete sich wieder stärker der transatlantischen Zusammenarbeit zu. Handelskonflikte mit der EU wie der um US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte wurden zwar nicht endgültig gelöst, aber wesentlich entschärft. Diesen Weg dürfte Harris fortsetzen.

Für Trump sind Zölle dagegen das zentrale Element der Handelspolitik. Er strebt eine Welthandelsordnung an, die statt auf transatlantische Partnerschaft auf wirtschaftlichen Protektionismus setzt. Selbst der Austritt aus der Welthandelsorganisation wäre denkbar.

Mit Kamala Harris sind die Voraussetzungen gut, das aktuelle europäische Verhältnis zu den USA weiterentwickeln zu können. Im Falle einer zweiten Präsidentschaft Donald Trumps müsste sich die EU anders aufstellen und eine gute taktische Verhandlungsposition vorbereiten.

Klimapolitik. Harris dürfte den von Biden eingeschlagenen Weg weitergehen, durch staatliche Subventionen einen Anreiz für Unternehmen zu schaffen, in den Klimaschutz zu investieren. Unter ihr würden die erneuerbaren Energien weiter ausgebaut und die E-Mobilität vorangetrieben werden.

Trump setzt auf in den USA geförderte fossile Energiequellen. Beschränkungen wie strengere Effizienzstandards für verschiedene Fahrzeugtypen oder Auflagen für Kohlekraftwerke, die die Biden/Harris-Administration aus Klima- und Umweltschutzgründen eingeführt hat, dürfte er schnell wieder aufweichen. Den europäischen Green Deal lehnt er kategorisch ab, ebenso den Ausbau erneuerbarer Energien und die Förderung von Elektrofahrzeugen. Der internationale Klimaschutz würde unter Trump also einen großen Rückschritt machen.

Sicherheit. Unter Harris kann die EU mit einer kooperativen und verlässlichen Sicherheitspolitik rechnen. Die NATO und die gemeinsame Verteidigungsverpflichtung zweifelt sie nicht an. Die umfangreiche Unterstützung der Ukraine würde sie fortführen.

Trumps Sicherheitspolitik ist unberechenbar. Ein NATO-Austritt der USA unter seiner Feder wäre unwahrscheinlich – allerdings stellt er immer wieder die gemeinsame Verteidigung einzelner Mitgliedsländer infrage. Er will den Krieg in der Ukraine durch Zugeständnisse an Russland beenden.

Die EU muss vorbereitet sein

Was bedeutet all dies für die EU? Mit Kamala Harris sind die Voraussetzungen gut, das aktuelle europäische Verhältnis zu den USA weiterentwickeln zu können. Die Biden/Harris-Politik der vergangenen Jahre war international kooperativ und sicherheitspolitisch verlässlich. Im Falle einer zweiten Präsidentschaft Trumps müsste sich die EU anders aufstellen und eine gute taktische Verhandlungsposition vorbereiten. Das IW empfiehlt dazu drei Schritte:

  1. Prioritäten. Die EU muss sich darüber im Klaren sein, welche politischen und wirtschaftlichen Themen ihr besonders wichtig und somit unverhandelbar sind und wo sie im Zweifel Zugeständnisse machen kann.
  1. Kompromissfähigkeit. Um Kompromisse mit Trump eingehen zu können, muss die EU Angebote für Verhandlungen mit den USA entwickeln. Beispiele wären militärische Mehrausgaben oder erweiterte Funktionsübernahmen im NATO-Kontext.
  1. Gegenpositionen. Die EU muss dazu bereit sein, selbst glaubhafte Vergeltungsmaßnahmen anzudrohen, sollte Trump dies in einem ersten Schritt tun. Mit dem Anti-Coercion Instrument hat die EU bereits genau für solche Fälle vorgesorgt – die Verordnung erlaubt es der Staatengemeinschaft, Maßnahmen gegen ein Drittland zu ergreifen, das wirtschaftlichen Zwang auf die Union oder eines ihrer Mitgliedsländer ausübt.

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