IW-Weiterbildungserhebung Lesezeit 3 Min.

Immer mehr Weiterbildungen in Unternehmen

Lernen während des Berufslebens wird zunehmend zum Standard in deutschen Unternehmen. Die Zahl der Firmen, die ihren Mitarbeitern Weiterbildungen anbieten, ist auf einem Rekordhoch. Und auch gelernt wird immer länger – selbst nach Dienstschluss.

Kernaussagen in Kürze:
  • Laut IW-Weiterbildungserhebung boten 93 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern im Jahr 2022 Weiterbildungen an – ein Höchststand.
  • Dafür investierten sie im Schnitt 1.347 Euro pro Mitarbeiter – 9 Prozent mehr als 2019.
  • Auch die aufgewendete Zeit hat sich erhöht: Gut 20 Stunden haben sich Beschäftigte im Jahr 2022 durchschnittlich weitergebildet, zwei Stunden mehr als 2019.
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Ob Digitalisierung oder der klimaneutrale Umbau der Wirtschaft: Die Arbeitswelt und damit die Anforderungen an den einzelnen Beschäftigten verändern sich rasant. Neue Kompetenzen wie der Umgang mit künstlicher Intelligenz fallen nicht vom Himmel, sondern müssen erst erlernt werden. Das Schlagwort vom lebenslangen Lernen ist vielerorts schon Realität (Grafik):

Laut IW-Weiterbildungserhebung boten 93 Prozent der Unternehmen ihren Mitarbeitern im Jahr 2022 Weiterbildungen an – ein Höchststand. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 waren es nur rund 83 Prozent.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland haben ihren Beschäftigten Weiterbildungen angeboten Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Industrie war 2022 mit einem Anteil von 96 Prozent der weiterbildungsaktivste Wirtschaftsbereich, dicht gefolgt von den unternehmensnahen Dienstleistern, zu denen etwa Banken gehören (93,5 Prozent). Etwas weniger im Fokus standen Weiterbildungen im Einzelhandel oder bei anderen gesellschaftsnahen Dienstleistern (89,3 Prozent).

93 Prozent der Unternehmen in Deutschland boten ihren Mitarbeitern im Jahr 2022 Weiterbildungen an. Dafür investierten sie im Schnitt 1.347 Euro pro Mitarbeiter – 9 Prozent mehr als 2019.

Der deutliche Anstieg der Weiterbildung in der Industrie – in der vorangegangenen Erhebung von 2019 kam sie auf 80,2 Prozent – liegt zum einen an den coronabedingten Nachholbedarfen. Zum anderen ist die Industrie aktuell in besonderem Maß vom beschleunigten Strukturwandel durch die Transformation betroffen. Die Dekarbonisierung erfordert mehr als anderswo fachliche Weiterbildungsmaßnahmen – zum Beispiel mit Blick auf die Entwicklung und den Bau klimafreundlicher Autos oder grünen Stahls sowie eine emissionsärmere Produktion.

Mehr Zeit für Weiterbildung

Nicht nur der Anteil der Unternehmen, die Weiterbildungen anbieten, ist zuletzt deutlich gestiegen, auch die aufgewendete Zeit hat sich erhöht (Grafik):

Gut 20 Stunden haben sich Beschäftigte im Jahr 2022 durchschnittlich weitergebildet. Verglichen mit der Erhebung aus dem Jahr 2019 waren das zwei Stunden mehr pro Person.

So viele Stunden haben sich Beschäftigte dieser Branchen durchschnittlich weitergebildet Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Mitarbeiter von unternehmensnahen Dienstleistern wie Banken und Versicherungen wendeten sogar durchschnittlich 24 Stunden pro Jahr für die betriebliche Weiterbildung auf.

Der größte Anteil der Weiterbildungszeit entfiel mit insgesamt mehr als 13 Stunden auf das informelle Lernen, worunter wiederum das Lernen in der Arbeitssituation mit knapp sechs Stunden der größte Posten war.

Mit 81,2 Prozent findet ein erheblicher Anteil der gesamten Weiterbildung während der (bezahlten) Arbeitszeit statt. Hier gibt es aber deutliche Unterschiede zwischen den Branchen: In der Industrie liegen mehr als 90 Prozent der Weiterbildung innerhalb der Arbeitszeit, bei den Dienstleistern ist das seltener der Fall. Bei den unternehmensnahen Dienstleistern betrug der Anteil der Weiterbildung in der Arbeitszeit zuletzt 81,3 Prozent, bei den gesellschaftsnahen Dienstleistern 75,1 Prozent.

Die Beschäftigten investierten ihrerseits auch nach Dienstschluss Zeit, um sich weiterzuqualifizieren. Sie zeigen damit, dass sie sich ihrer Verantwortung für ihre berufliche Weiterentwicklung bewusst sind.

Firmen investieren mehr Geld in Weiterbildung

Weiterbildungen sind aber nicht nur ein Zeitfaktor, sondern kosten die Unternehmen auch Geld:

Die Firmen in Deutschland investierten im Jahr 2022 im Schnitt 1.347 Euro pro Mitarbeiter, das waren 9 Prozent mehr als 2019.

Darin enthalten sind direkte Kosten etwa für Dozenten, Teilnehmergebühren oder Lehrmaterialien und indirekte Kosten für die bezahlte Arbeitszeit. Insgesamt stieg das gesamtwirtschaftlich investierte Volumen in Weiterbildung verglichen mit 2019 real um 2,3 Prozent auf 46,4 Milliarden Euro. Die direkten Kosten waren mit 24,4 Milliarden Euro etwas höher als die indirekten (22 Milliarden Euro).

Und was lernen die Beschäftigten in den Weiterbildungen? Nach den Themenfeldern der betrieblichen Weiterbildung gefragt, wird berufliches Fachwissen von den Unternehmen mit 86 Prozent am häufigsten genannt, gefolgt von IT-Anwenderkenntnissen (42 Prozent) und Branchenkenntnissen (28 Prozent).

Nachhaltigkeitsthemen, seien sie ökologischer oder sozialer Natur, spielen bei den Weiterbildungsmaßnahmen dagegen als eigenständiges Thema kaum eine Rolle. Jedoch sind sie auch Bestandteil des beruflichen Fachwissens, wenn beispielsweise die Installation von Photovoltaikanlagen im Rahmen einer Weiterbildung erlernt wird.

Für noch mehr Weiterbildung im Betrieb ist Zeit für die Arbeitgeber der limitierende Faktor: Die Firmen haben mehrheitlich keine Ressourcen für weitere Freistellungen ihrer Mitarbeiter und keine weiteren internen Kapazitäten für die Organisation der Maßnahmen. Nicht wenige Unternehmen beklagen zudem ein zu geringes Interesse der Mitarbeiter am bestehenden Weiterbildungsangebot, weshalb nicht mehr angeboten werde.

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