China Lesezeit 4 Min.

Konkurrenzdruck aus China hat für deutsche Unternehmen Folgen

Der Konkurrenzdruck durch chinesische Firmen macht vielen deutschen Unternehmen auf ihren Absatzmärkten das Leben schwer. Weil die Unternehmen davon überzeugt sind, dass Subventionen durch den chinesischen Staat den Wettbewerb verzerren, befürworten sie ein härteres Vorgehen der deutschen und europäischen Politik.

Kernaussagen in Kürze:
  • Der Konkurrenzdruck aus China wächst: Ein Viertel der deutschen Unternehmen sehen sich dadurch vor große Herausforderungen gestellt.
  • 64 Prozent der hiesigen Firmen mit Wettbewerbern aus China berichten von Marktanteilsverlusten, 75 Prozent verbuchen niedrigere Gewinne.
  • Ein härteres Vorgehen der deutschen und europäischen Politik gegen China würden die deutschen Unternehmen befürworten.
Zur detaillierten Fassung

Die Regierung in Peking versucht mit verschiedenen politischen Initiativen seit Längerem, den chinesischen Unternehmen zu einer führenden Position auf strategisch wichtigen Märkten zu verhelfen. Das gilt nicht zuletzt für Industriesektoren, in denen deutsche Unternehmen bislang stark oder sogar führend sind – wie etwa den Fahrzeug- oder Maschinenbau.

Problematisch ist, dass China auf seinem Weg massiv industriepolitische Subventionen nutzt. Diese Wettbewerbsverzerrung hat vor Kurzem die EU dazu veranlasst, vorläufige Ausgleichszölle auf Elektroautos anzukündigen.

Der Konkurrenzdruck aus China hat zur Folge, dass 35 Prozent der deutschen Unternehmen, die im Wettbewerb mit Firmen aus China stehen, ihre Produktion in Deutschland kürzen. Gut 27 Prozent verlagern ihre Produktion oder Teile davon ins Ausland.

Um die Effekte der immer schärferen Konkurrenz Chinas auf die deutsche Wirtschaft näher zu beleuchten, hat das IW die Unternehmen selbst befragt. Die Ergebnisse sind unmissverständlich:

Der Konkurrenzdruck wächst.

Von allen befragten rund 900 Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen sagt rund jedes vierte, es habe auf seinen Absatzmärkten mit Wettbewerbern aus China zu tun. Und das stellt viele dieser Firmen vor erhebliche Probleme (Grafik):

Gut neun von zehn Unternehmen mit Wettbewerbern aus China sehen sich durch deren Konkurrenzdruck zumindest vor geringe Herausforderungen gestellt, rund ein Viertel der Firmen spricht sogar von großen Herausforderungen.

So viel Prozent der deutschen Unternehmen, die auf ihren Absatzmärkten Wettbewerber aus China haben, sagen, der Konkurrenzdruck durch diese Firmen sei ... Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Fast zwei Drittel der Unternehmen erwarten zudem, dass der Druck durch die chinesischen Konkurrenten in den kommenden fünf Jahren weiter steigt.

China unterbietet Preise

Gut 78 Prozent der befragten Unternehmen mit Wettbewerbern aus China geben an, Letztere würden vergleichbare Produkte günstiger anbieten als sie selbst. Und:

Fast vier von zehn Befragten sagen, die chinesischen Konkurrenten würden ihre Preise um mehr als 30 Prozent unterbieten.

Den Befragten zufolge ergeben sich diese Preisvorteile nicht allein aus der unternehmerischen Stärke der chinesischen Unternehmen. Zwar sind gut 45 Prozent der deutschen Firmen mit Wettbewerbern aus China der Auffassung, die Konkurrenten seien ähnlich innovativ wie sie selbst, weitere 19 Prozent gestehen den Rivalen sogar einen Innovationsvorsprung zu. Zugleich halten aber fast 60 Prozent den Wettbewerb für verzerrt, weil die chinesischen Konkurrenten subventioniert würden.

Deutsche Unternehmen ziehen Konsequenzen

Der Konkurrenzdruck aus China hat für die meisten der befragten deutschen Unternehmen spürbare Folgen (Grafik):

So berichten 64 Prozent der Firmen mit Wettbewerbern aus China von Marktanteilsverlusten, 75 Prozent verbuchen niedrigere Gewinne.

So viel Prozent der deutschen Unternehmen, die auf ihren Absatzmärkten Wettbewerber aus China haben, nennen diese Folgen des Konkurrenzdrucks Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Viele Unternehmen stemmen sich aktiv gegen diesen Abwärtstrend. So verbessern fast zwei Drittel ihre Prozesse, um Kosten zu sparen, knapp jede zweite Firma steigert ihre Forschungsinvestitionen.

Ein geringerer, gleichwohl erheblicher Teil der Unternehmen erwehrt sich der Konkurrenz aus China allerdings (auch) mit defensiven Maßnahmen:

Gut 35 Prozent der Unternehmen, die im Wettbewerb mit Firmen aus China stehen, kürzen ihre Produktion in Deutschland. Gut 27 Prozent verlagern ihre Produktion oder Teile davon ins Ausland und 29 Prozent entlassen hierzulande Mitarbeiter.

All dies schadet dem Standort Deutschland. Allein die Arbeitsmarktwirkungen könnten erheblich sein. So stellten jene Industriefirmen, die mit Entlassungen auf den Konkurrenzdruck aus China reagieren, zuletzt gut 1,7 Millionen Arbeitsplätze. Davon steht zumindest ein Teil auf dem Spiel.

Firmen befürworten Druck auf China

Die Bundesregierung hat sich zu möglichen Ausgleichszöllen gegen China kritisch geäußert. Sie fürchtet, dass deutsche Firmen mit einer hohen China-Abhängigkeit bei einer Eskalation des Handelskonflikts die Leidtragenden sind. Das Gros der vom IW befragten Unternehmen ist allerdings anderer Meinung:

Sofern China tatsächlich auf unlautere Weise E-Autos subventioniert, sind europäische Strafzölle nach Meinung von mehr als 57 Prozent der deutschen Firmen uneingeschränkt gerechtfertigt.

Weitere knapp 24 Prozent halten die Zölle für teilweise angebracht.

Auch was einen möglichen Missbrauch westlicher Technologie – die beispielsweise durch Investitionen deutscher Firmen nach China gelangt – für militärische Zwecke angeht, spricht sich die Mehrheit der deutschen Unternehmen für einen harten Kurs der Politik aus (Grafik):

Falls China westliche Technologien einsetzen könnte, um sein Militär zu ertüchtigen, plädieren gut sechs von zehn deutschen Unternehmen dafür, den Transfer solcher Technologien zu unterbinden – selbst, wenn dies die unternehmerische Freiheit einschränkt.

Die EU und die G-7-Staaten erwägen, den Transfer von sensiblem Know-how an China für den Fall zu unterbinden, dass das Land dadurch sein Militär schneller ertüchtigen könnte. Eine solche Unterbindung könnte die unternehmerische Freiheit deutlich einschränken. So viel Prozent der deutschen Unternehmen halten die Unterbindung in diesem Fall für (nicht) gerechtfertigt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dieses Stimmungsbild der Unternehmen unterstreicht, dass die EU zu Recht handelt, weil andernfalls die industrielle Basis in Europa zu bröckeln droht. Um hierzulande zu ermitteln, wo genau „gesunde“ Firmen durch chinesische Wettbewerbsverzerrungen unter Druck geraten, braucht es ein kontinuierliches Monitoring der deutschen Industrie.

Die EU sollte sich bei ihrem Vorgehen nicht von China die Schuld zuschieben lassen – schließlich sind die groß angelegten chinesischen Subventionen eine Form des Protektionismus, den die EU lediglich auszugleichen sucht. Das ist nach den Regeln der Welthandelsorganisation erlaubt und somit kein Protektionismus, sondern lediglich der Versuch, fairen Wettbewerb zu ermöglichen.

Um einen Handelskrieg zu verhindern, den China mit vielen willkürlichen Vergeltungsdrohungen anzuzetteln droht, kann die EU eine Verhandlungslösung anstreben. Sie sollte China in den anstehenden Verhandlungen drängen, sich auf freiwillige Mindestpreise einzulassen, die die gleiche Wirkung wie Ausgleichszölle haben.

Doch auch wenn am Ende faire Handelsregeln gelten, wird der Konkurrenzdruck aus China bestehen bleiben. Um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen generell zu stärken, ist hierzulande eine breit angelegte Reforminitiative erforderlich – beispielsweise durch Investitionen in die Infrastruktur, steuerliche Entlastungen und einen Abbau bürokratischer Regulierungen (siehe "Deutschland braucht Investitionen von 600 Milliarden Euro").

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene