Solarstrom Lesezeit 3 Min.

Mieterstrom: Vorteile für Eigentümer und Mieter

Für eine erfolgreiche Energiewende muss der Ausbau von Photovoltaik in Deutschland schneller vorankommen. Vor allem die Dächer von Mehrfamilienhäusern bieten sich als Fläche dafür an, es braucht allerdings einige Reformen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Wenn in Deutschland alle geeigneten Gebäude mit drei oder mehr Mietwohnungen eine PV-Anlage bekämen, könnten pro Jahr bis zu 43,6 Terawattstunden zusätzlicher Strom produziert werden – das ist fast ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs der deutschen Haushalte im Jahr 2022.
  • Allerdings kommt der Solarausbau auf Dächern von Mehrfamilienhäusern kaum voran. Das liegt unter anderem an der Technik und bürokratischen Hürden.
  • Dabei bietet es sowohl für Eigentümer als auch für Mieter viele Vorteile, den Strom für Mehrfamilienhäuser über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach zu gewinnen.
Zur detaillierten Fassung

Deutschland hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Das kann nur mit einer erfolgreichen Energiewende gelingen. Essenziell dafür ist der zügige Ausbau von Photovoltaik (PV).

Mehrfamilienhäusern bieten großes Potenzial zur Produktion von Solarstrom. Dass der Ausbau stockt, liegt unter anderem an der Technik und bürokratischen Hürden.

Im Jahr 2023 wurden in der Bundesrepublik rund 61 Terawattstunden Solarstrom produziert, das entsprach gut 12 Prozent des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Die installierte Leistung von Photovoltaikanlagen wuchs im vergangenen Jahr um rund 21 Prozent, in den Jahren zuvor waren es stets nur zwischen 8 und 12 Prozent. Einer der Gründe für den Rekordausbau ist die in den meisten Bundesländern geltende Solardachpflicht für neu gebaute Nichtwohngebäude. In Berlin, Hamburg und Baden-Württemberg gibt es sie bereits ebenfalls für neue Wohngebäude – schließlich soll laut Koalitionsvertrag bundesweit jede geeignete Dachfläche für Solarenergie genutzt werden.

Das größte Solarstrompotenzial liegt aber nicht im Neubau, sondern im Bestand, wie eine IW-Berechnung zeigt (Grafik):

Wenn in Deutschland alle geeigneten Gebäude mit drei oder mehr Mietwohnungen eine PV-Anlage bekämen, könnten pro Jahr bis zu 43,6 Terawattstunden zusätzlicher Strom produziert werden – das ist fast ein Drittel des gesamten Stromverbrauchs der deutschen Haushalte im Jahr 2022.

Potenzial in Deutschland, wenn vermietete Wohngebäude eine Photovoltaikanlage bekämen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Von den insgesamt 19 Millionen in Mehrfamilienhäusern lebenden Mietern hierzulande könnten auf diese Weise bis zu 14,3 Millionen Menschen von dem sogenannten Mieterstrom profitieren – also von Strom, der in unmittelbarer räumlicher Nähe produziert, direkt vom Vermieter bezogen und nicht über die öffentlichen Netze geleitet wird.

Nötige Reformen

So weit die Theorie. In der Praxis kommt der Solarausbau auf Dächern von Mehrfamilienhäusern allerdings kaum voran. Das hat mehrere Gründe:

Technik. Der über die hauseigene PV-Anlage bezogene Mieterstrom muss für die Abrechnung vom gegebenenfalls zusätzlich benötigten Strom der Netzbetreiber verbrauchsbezogen abgegrenzt werden. Dafür braucht es in den Wohngebäuden Smart Meter. Das sind digitale Stromzähler, die den Verbrauch ermitteln und die Daten direkt an die Stromversorger und Netzbetreiber weitergeben können.

Im Jahr 2021 wurden allerdings von insgesamt mehr als 50 Millionen Messstellen für Strom nur rund 160.000 mit intelligenten Messsystemen betrieben. Ein wichtiger Schritt ist deshalb die in der neuen Heizkostenverordnung festgeschriebene Pflicht, bis zum Ende des Jahres 2026 alle Zähler auf fernablesbare und mit Smart Metern kompatible Messtechnik umzustellen.

Richtlinien. Bislang gibt es weder hinsichtlich der Zählermethode und der Stromabrechnung noch der An- und Abmeldung bei den mehr als 900 verschiedenen Netzbetreibern einheitliche Richtlinien. Um bürokratische Hürden so klein wie möglich zu halten, sollten die Prozesse zwischen Mieterstromanbietern und -abnehmern sowie den Netz- und Messstellenbetreibern bundesweit standardisiert werden.

Mieterrechte. Wichtig ist, dass es sich für Eigentümer lohnt, eine PV-Anlage zu installieren. Sie müssen sicher sein, den Strom direkt an ihre Mieter weitergeben zu können – denn dann ist die Rendite deutlich größer, als wenn sie den Strom ins öffentliche Netz einspeisen müssen. Aktuell müssen die Mieter dem ausdrücklich zustimmen. Für die Vermieter ist das ein finanzielles Risiko. Sollten sich viele Mieter gegen den Hausstrom entscheiden – zum Beispiel, weil sie sich nicht mit dem Thema befassen möchten und aus Bequemlichkeit bei ihrem externen Anbieter bleiben –, rechnet sich die Investition für den Vermieter zeitlich erst deutlich später.

Um dieses Risiko zu senken, sollte es Standard werden, dass alle Hausbewohner automatisch den Mieterstrom beziehen, sofern sie dem nicht ausdrücklich widersprechen. Denn unterm Strich profitieren auch sie von dem Modell, weil sie so Geld sparen:

Der Mieterstrom darf maximal 90 Prozent des Marktpreises kosten, den externe Netzbetreiber verlangen.

In der Praxis ist der Strom vom hauseigenen Dach sogar oft noch günstiger – teils bis zu 30 Prozent.

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